DEHOGA Saarland - Pressemitteilung
Jetzt müssen die Weichen gestellt werden
DEHOGA-Landesverbandstag: Gastgeberbranche geht mit Sorgen in den Winter
Saarbrücken. Auf die Mitglieder des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Saarland e.V. wartete am 7. September 2021 beim Landesverbandstag im Saarbrücker Veranstaltungszentrum „Saarrondo“ im Euro-Quartier ein tagesfüllendes Programm. Bevor am Nachmittag ab 14 Uhr beim Branchentag „Lokalrunde“ verschiedene Impulsvorträge, Workshops und auch eine hochkarätig besetzte Talkrunde im Mittelpunkt standen, drehte es sich beim nichtöffentlichen Teil am Vormittag um die gängigen Vereinsregularien. Und da keine Neuwahlen stattfanden, war viel Zeit zum Austausch. Thema Nummer eins: Wie geht es weiter? Mit Sorge sieht die Branche auf den nahenden Herbst und Winter. Welche Planungssicherheiten gibt es für die kalte Jahreszeit, um die prekäre Situation der Gastgeber nicht zu verschlimmern? Die politischen Entscheider lassen verlauten, dass es keinen Lockdown mehr geben wird. Aber ist das nicht das Minimalziel? „Für die Gastronomen und Hoteliers in unserem Land ist es in ihrer derzeitigen Lage extrem wichtig, dass sie nach dieser langen Zeit des erzwungenen Stillstandes nicht nur geöffnet haben dürfen, sondern dass sie auch wirtschaftlich arbeiten können. Und mit dem Saarland-Modell hat man eigentlich einen funktionierenden Weg gefunden, der das erlauben würde. Man muss ihn nur mutig und couragiert beschreiten. Mir scheint aber, es fehlt irgendwie die Zuversicht und der Glaube an das eigene Konzept“, erklärt Michael Buchna. Und der Präsident des DEHOGA Saarland nennt drei Beispiele: Während es trotz steigender Inzidenzen für die Gastro-Mitarbeiter in Rheinland-Pfalz keine Maskenpflicht mehr gibt und in Nordrhein-Westfalen die Kontaktverfolgung der Gäste aufgehoben ist, verharrt das Saarland-Modell seit Monaten im Stillstand – obwohl die Impfquote seit Anfang April noch einmal stark angestiegen ist. Auch wurde in Baden-Württemberg in der Innengastronomie die Abstandsregel abgeschafft.
Diese Bundesländer setzen also genau die Maßnahmen um, die dem saarländischen Modell gut zu Gesicht stehen würden. Und sie machen es, obwohl sie nicht über die Rahmenbedingungen verfügen, die das Saarland-Modell auszeichnet. Dabei war genau dies das Hauptargument: Der saarländische Weg mache mehr möglich. Mit ihm lässt sich mehr wagen. „Davon ist leider kaum etwas übrig. Doch eines ist klar: Noch bevor die ersten kalten Tage kommen, brauchen wir eine Handlungssicherheit. Eine, die nicht von Wind und Wetter, Inzidenzzahlen der Städte beziehungsweise Landkreise oder neuen komplizierten Kreationen abhängig ist“, unterstreicht Buchna und fordert zudem, dass es vor allem einfacher werden muss. Letzten Sommer lebten die Menschen mitten in der Pandemie, man wusste noch wenig über Corona und niemand war geimpft. Da war vieles klarer als heute. Doch anstatt schlüssig nach vorne zu gehen und Regeln abzubauen, wurden immer mehr Absurditäten geschaffen. Michael Buchna: „Wir hatten im vergangenen Jahr schon kein Weihnachtsgeschäft – doch die ersten Anfragen flattern jetzt ins Haus. Und dann kommt Sylvester. Hier müssen wir und auch unsere Gäste planen können. Wir benötigen eine Grundlage, um vernünftig zu wirtschaften.“ Passiert das nicht, sind im Winter erneut finanzielle Zuwendungen nötig. Ein wirtschaftlicher Einbruch würde alles zerstören, was in den Sommermonaten mühsam aufgebaut wurde. Und dann geht es wieder nicht ohne Hilfen. „Das kann keiner wollen. Der Patient hängt immer noch am Tropf. Und es bringt dann nichts, wenn man ihm zusichert, dass er gerne im Krankenhaus bleiben darf. Ziel muss sein, dass er gestärkt wird, damit er das Spital schnellstmöglich verlassen kann“, sagt der DEHOGA-Chef.
Eine verlässliche Perspektive ist aber nicht nur für die Gäste und Betriebe notwendig, sondern betrifft im besonderen Maß auch die Mitarbeiter. Die sieben Monate Lockdown haben ihre Spuren hinterlassen. Viele Arbeitnehmer mussten mit Kurzarbeitergeld auskommen und Trinkgelder gab es nicht. Aushilfen und Minijobber standen sogar sofort vor dem Nichts. Sie fielen durchs Raster der Hilfen. Hier gibt es keinen Spielraum mehr für weitere Einschränkungen. Denn die Folgen sind jetzt schon eklatant: Dem Gastgewerbe fehlen derzeit die Fachkräfte. Weil die Personaldecke schon vor Corona dünn war, hat die Krise das Problem extrem verschärft. Viele suchten sich Jobs in anderen Branchen und werden nun schmerzlich vermisst. Und das hat konkrete Auswirkungen: Nicht wenige Betriebe waren etwa gezwungen, einen zweiten oder sogar dritten Ruhetag einzuführen. Die Gäste sind zwar da, aber es fehlt an Servicekräften. „Wir müssen uns unsere Arbeitskräfte zurückholen. Und ich bin da auch recht optimistisch. Unserer Leute haben doch ein Gastro-Gen. Die lieben und leben ihren Beruf. Und bestimmt finden viele ihre alte Arbeit etwas spannender und erfüllender, als etwa Gurkenregale einzuräumen“, spielt Buchna spöttisch darauf an, dass mitten in der Krise einige Lebensmittel-Discounter gezielt um Mitarbeiter aus dem Gastgewerbe geworben haben – mit dem Hinweis auf sichere Jobs in der Pandemie. Hilfreich wäre hier, dass man die Vergütung beim Minijob auf 700 Euro erhöht und die weitere Steigerung an den Mindestlohn koppelt. Und um mehr Rücklagen bilden zu können, sollte die Mehrwertsteuer für Speisen dauerhaft bei sieben Prozent bleiben und zusätzlich auf Getränke ausgeweitet werden.
Es müssen also jetzt die richtigen Weichen gestellt werden, damit der Zug in Richtung Zukunft nicht entgleist. Das gilt besonders für den Tourismus. Hier muss die Infrastruktur aufrechterhalten und gepflegt werden. Das mit viel Geld aufgebaute Image als lohnendes Reiseziel muss nachhaltig wiederaufgebaut und gestärkt werden, sonst waren alle Mühen der vergangenen Jahre umsonst. Extrem gelitten hat auch der Geschäftsreise-Tourismus. Messen, Tagungen und Kongresse finden momentan noch so gut wie nicht statt. Genauso wie der Wandel in der Arbeitswelt die Hotellerie vor große Herausforderungen stellt: Immer mehr Menschen arbeiten von zu Hause aus. Die Homeoffice-Regelungen sind der Tod der Business-Hotellerie auf Raten. Wie sich dieser Markt in näherer Zukunft entwickelt, wagt niemand vorherzusagen. Es gibt also viel zu tun. „Doch anstatt diese Probleme abzuarbeiten und zu lösen, wird dann lieber der Versuch unternommen, die emotionale Debatte der G2- oder G3-Regelung auf unserem Rücken auszutragen. Die Branche der Gastfreundschaft soll hier politische Entscheidungen treffen. Das ist sicher nicht unser Job“, verteilt Buchna zum Schluss noch einen Seitenhieb an die Politik.