Gastronomen fordern Steuer-Gerechtigkeit
Anstoßen auf 2020: DEHOGA Saarland feiert mit 200 Gästen seinen Neujahrsempfang
Saarbrücken. Der Start in ein neues Jahr ist immer von zwei Perspektiven begleitet: der
Blick auf das Zurückliegende und die Aussicht auf das, was in den kommenden Monaten
vor einem liegt. So war es auch am 13. Januar 2020, als der Hotel- und Gaststättenverband
DEHOGA Saarland e.V. feierlich das gerade angebrochene neue Jahr einläutete. Bereits
zum achten Mal in Folge fand das wichtige Auftakttreffen des Branchenverbandes im
Spiegelpalais von Alexander Kunz Theatre in Saarbrücken statt. Neben Gastronomen,
Hoteliers und Touristikern folgten auch zahlreiche Entscheider und Persönlichkeiten aus
Wirtschaft, Politik, Verbänden und Medien der Einladung. Darunter waren auch der
saarländische Finanzminister Peter Strobel sowie Klaus Bouillon. Der Minister für Inneres,
Bauen und Sport überbrachte die Grußworte der Landesregierung.
In ihrer Neujahrsansprache führte die DEHOGA-Präsidentin Gudrun Pink den rund 200
Gästen die Bedeutung der Gastgeber-Branche noch einmal deutlich vor Augen.
Gastronomie und Hotellerie sind Mitgestalter der Gesellschaft. Sie gehören zu den größten
Arbeitgebern und Ausbildern im Land. Sie sind standorttreu. Sie verlagern keine
Arbeitsplätze ins Ausland. Und sie zahlen hier ihre Steuern. Aber schnell kam sie dann auf
die inhaltlichen Schwerpunkte der bevorstehenden Aufgaben: So macht sich der
Branchenverband tatkräftig für mehr Steuergerechtigkeit stark. „Wir erwarten, dass Essen
steuerlich gleichbehandelt wird, unabhängig von der Art der Zubereitung und des
Verzehrortes. Es ist für uns eine Frage der Steuergerechtigkeit, der Wertschätzung sowie
der Zukunftssicherung unserer Familienbetriebe und Restaurants“, insistierte Pink. Kritisiert
wird vor allem der derzeitige Kalkulationsnachteil gegenüber Discountern, Bäckern,
Metzgern oder Imbissanbietern, obwohl diese immer mehr zur Konkurrenz werden. „Dass
für Fertiggerichte, Lieferdienste und Essen zum Mitnehmen sieben Prozent Mehrwertsteuer
gelten und die Restaurantküche mit 19 Prozent belastet wird, ist nicht nur unlogisch, sondern
definitiv wettbewerbsverzerrend“, sagte die DEHOGA-Chefin. Denn eben diese klassische
Gastronomie ist unglaublich arbeitsintensiv. Auf den gleichen Umsatz kommen hier sechs
Mal mehr Beschäftigte als zum Beispiel im Lebensmittel-Einzelhandel.
Die Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes wäre aus vielfacher Hinsicht konsequent. Sie würde nicht nur den weltweit einzigartigen Steuer-Wirrwarr beenden, sondern würde Spielräume für mehr Investitionen schaffen und für eine bessere Entlohnung der Mitarbeiter sorgen. Eine solche Konjunkturspritze dämme zudem das Wirtshaussterben ein. Ein Blick zu den europäischen Nachbarn zeigt, wie es geht. Nach Frankreich im Jahr 2009 haben zum Beispiel Belgien oder auch Finnland 2010 erkannt, dass der reduzierte Mehrwertsteuersatz ein ausgezeichnetes Konjunkturprogramm ist. In der Gastronomie gilt er zurzeit sowieso in 17 von 28 EU-Mitgliedstaaten. Und die Präsidentin führte einen nächsten Punkt ins Feld: Alle reden von Nachhaltigkeit. Warum dann aber sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Plastikgeschirr bei Verzehr zum Mitnehmen und 19 Prozent für vor Ort frisch zubereitete und servierte Speisen? Auf Porzellantellern angerichtete Gerichte werden steuerrechtlich also schlechtergestellt als in plastikverpacktes oder auf Pappe mitgegebenes Essen. „Das Thema gehört auf die politische Tagesordnung“, forderte Pink. Um das Bestreben aktiv anzukurbeln, unterstützen die Saarländer auch die von den bayerischen Kollegen initiierte Online-Petition „Sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Essen. Egal wo und wie.“ Mit 50.000 Unterschriften ist das erste Etappenziel erreicht. Doch die Präsidentin spornte an: „Damit sollten wir uns nicht zufriedengeben, sondern uns höhere Ziele setzen, damit wir auch tatsächlich Gehör finden. Denn wer die Zukunft der zigtausenden Gasthäuser im Blick hat, kommt am Thema steuerliche Gleichbehandlung von Essen nicht vorbei.“ Und diese Meinung teilt sogar die Gewerkschaft Nahrung-Genuss- Gaststätten. Ein seltener, aber richtiger Schulterschluss.
Auch 2020 bleibt dem DEHOGA-Saarland ein Dauerthema erhalten. So appellierte Gudrun Pink weiter nachdrücklich für ein praxistaugliches Arbeitszeitgesetz für alle Unternehmen und ihre Mitarbeiter. „Ich betone gerne noch einmal: Es geht uns nicht um Mehrarbeit. Es geht uns um die Möglichkeit, bei entsprechender Nachfrage und zu Auftragsspitzen auch mal zwölf Stunden arbeiten zu können. Das heißt nicht „fünf Mal 13 Stunden die Woche“ – wie es uns von der Gewerkschaft vorgeworfen wird. Im weiteren Verlauf ihrer Ansprache schwor Gudrun Pink die Mitglieder darauf ein, dass man sich aber auch an vielen anderen Fronten behaupten müsse. So sind zwar im zurückliegenden Jahr die Übernachtungszahlen gestiegen – wenn man das ganze Land betrachtet. Doch es gibt zahlreiche Alarmsignale: Das Gastronomie-Sterben auf dem Lande geht ungezügelt weiter. Die dramatischen Rückgänge bei den Übernachtungen im Kreis Saarlouis werden in der Hotellerie nicht folgenlos bleiben. Mit großen Sorgenfalten blickt der DEHOGA auf die sich überschlagenden Kapazitätserweiterungen in der Hotellerie. „Bei den Hotels mussten wir jetzt schon ein reales Minus von sechs Prozent und bei der Gastronomie von 4,4 Prozent feststellen. Und die Anzahl der Beschäftigten war auch rückläufig“, führte Pink alarmierend vor Augen. Und was geschieht erst, wenn die Wirtschaft noch weiter schwächelt?
Die DEHOGA-Chefin machte ihren Zuhörern und vor allem den politischen Vertretern mit Nachdruck klar, dass für die Bewerkstelligung solch gesellschaftlich wichtiger Aufgaben die Rahmenbindungen stimmen müssen. Pink: „In der Landeshauptstadt und im ganzen Land müssen wir zusammen mit den Kommunen und den Kreisen daran arbeiten, neue Reiseanlässe zu schaffen.“ Es brauche Veranstaltungen und Festivals, die über die Landesgrenze hinaus anziehen. Und in die touristischen Leuchttürme muss stetig investiert werden, damit sie nicht an Strahlkraft verlieren. So folgerte die DEHOGA-Präsidentin daraus: In unruhigen Gewässern heißt es für den Branchenverband umso mehr, dass er auch 2020 geschlossen und standhaft Flagge zeigt.