Pressemitteilung vom 29.10.2020
„Wir verlieren unsere Gäste, unsere Mitarbeiter und unsere Zukunft“
Schließung sorgt für Wut und Resignation: Gastgeber fühlen sich im Stich gelassen – Entschädigungen müssen schnell greifen
Saarbrücken. Jetzt hat es sie wieder erwischt. Die Gastgeberbranche bekommt erneut den schwarzen Peter hingeschoben. Es trifft also genau die, … die gewissenhaft ihre Hausaufgaben gemacht haben. Die laut Robert-Koch-Institut kein relevantes Infektionsgeschehen aufweisen. Die wirksame Hygienekonzepte entwickelt, Mitarbeiter geschult, Umbauten getätigt haben. Die seit Monaten trotz teilweise unnötiger und nicht nachvollziehbarer Restriktionen tapfer ums Überleben kämpfen. Die mit Alkoholbeschränkungen, Gästereglementierungen, Veranstaltungsverboten und Sperrstunden sowieso schon an den Abgrund getrieben wurden. Die sich seit der Wiedereröffnung am 18. Mai bereits in einem Lockdown „light“ befinden. Als sei es quasi ein Naturgesetz wurden die Gastronomen und Hoteliers am 28. Oktober 2020 wieder als Sündenböcke gebrandmarkt – die Bundesregierung sowie die Bundesländer beschlossen die Schließung aller Gastronomiebetriebe vom 2. November an bis zum Ende des Monats. Hotels dürfen nur Geschäftsreisende beherbergen, die ohnehin nicht anreisen. Alles das in einer Phase, in der bei den Betrieben die Stundungen aus dem Frühjahr auflaufen und die letzte Liquidität ausquetscht, sofern diese überhaupt noch vorhanden ist. In einer Zeit, in der gerade die Jahresrechnungen ins Haus flattern. „Das Weihnachtsgeschäft ist jetzt schon kaputt – und an Umsätze an Sylvester will ich derzeit auch nicht glauben“, ist Michael Buchna verärgert. Und der Präsident des Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Saarland e.V. sagt weiter: „Diese radikale Entscheidung ist für die gesamte Branche nicht zu verstehen. Fakt ist: Viele, die nun zusperren müssen, wissen nicht mehr, ob sie je wieder aufschließen werden. Wir verlieren unsere Gäste, unsere Mitarbeiter und unsere Zukunft. Und wir reden hier zusammen mit den Mini-Jobbern und Aushilfen über rund 22.000 Menschen, die im saarländischen Gastgewerbe und im Tourismus arbeiten.“
Der DEHOGA Saarland sieht seine Mitglieder als Opfer einer verfehlten Symbolpolitik. Es war im Vorfeld Zeit genug, auf das drohende Szenario vernünftige, gegensteuernde Hilfskonzepte und Maßnahmen zu erarbeiten. Die zweite Welle dürfte für die Verantwortlichen nicht überraschend gekommen sein. Die Gastgeber sind somit nun schuldlos in eine existenzielle Bedrohungslage geraten, jetzt darf man sie nicht hilflos einfach ihrem Schicksal überlassen. Der Ruf nach Entschädigungen wurde von der Kanzlerin gehört. Die Kompensation für die aktuelle Schließung muss aber vollumfänglich sowie ohne Anrechnung von anderweitigen Hilfen schnell und unbürokratisch erfolgen. Am besten durch die Finanzverwaltung aufgrund der Umsatzsteuerdaten der Steuerpflichtigen für den November 2019. Diese Zahlen sind bereits vorhanden und müssen nicht erst erhoben und verifiziert werden. „Aber das alleine wird nicht reichen“, ist sich Michael Buchna sicher und fordert zudem, dass das Kurzarbeitergeld auf bis zu 100 Prozent angehoben werden muss. Auch die Mehrwertbesteuerung auf Speisen muss langfristig beibehalten und auf Getränke ausgedehnt werden. Bevor die Gastronomen und Hoteliers wieder die Leitragengenden einer kurzfristigen Schließung werden, wäre es weiterhin längst überfällt, dass man für die Zukunft eine tragfähige Strategie entwickelt. Zu klärende Inhalte wären hier: Umgang mit Stundungen, Hilfskredite, KFW-Kredite, Rückzahlungen mit hohen Zinsen und die zukünftige Überbrückungshilfe 3. Buchna: „Ansonsten können wir hier praktisch hautnah dabei zuschauen, wie der Ofen ausgeht.“ Neben zahllosen dramatischen Einzelschicksalen insbesondere vieler erfolgreich über Generationen geführter Familienunternehmen macht sich der Präsident auch große Sorgen um den Tourismus. Dieses behutsam und mit viel Geld aufgebaute zarte Pflänzchen und die mühevoll erarbeitete Positionierung des Saarlandes als Genussregion würden nun völlig zertrampelt – wenn die zugesagte Hilfe nicht sofort greift. Die kulinarische Kompetenz und das mühevoll erarbeitete Image als lohnendes Reiseziel verlieren sich auf Jahre. Die von der Landesregierung in die Tourismuswirtschaft gesteckten Investitionen sind nicht nur gefährdet, sondern verpuffen damit auf Nimmerwiedersehen. Der DEHOGA-Präsident ruft daher die gesamte Wirtschaft zu einem Schulterschluss auf. Denn die Gastronomie, die Hoteliers, Veranstalter, Caterer und nicht zuletzt die Kulturtreibenden bringen das Opfer, dass auch weiterhin in den vielen anderen Wirtschaftsbranchen mehr oder weniger gearbeitet werden kann.
Unter diesem Schock der Schließung trat am 28. Oktober eine positive Nachricht ganz in den Hintergrund. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hatte vor Verkündung des Gaststätten-Lockdowns die Sperrstunde im Landkreis St. Wendel gekippt. Das Gericht machte dabei nochmals klar: Die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Pandemiegeschehens müssen nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich sein. Und wenn mildere Maßnahmen den gleichen Zweck erfüllen, dann sind diese anzuwenden. „Das zeigt, dass wir mit unserer Kritik an den Verboten richtig lagen. Und der Regierung führt es vor Augen, dass die verhängten Restriktionen stets ausgewogen und angemessen sein müssen“, erörtert Michael Buchna das Urteil.